🔩 Warum Gelassenheit auf Spiekeroog kein Luxus ist, sondern Notwendigkeit

🔩 Warum Gelassenheit auf Spiekeroog kein Luxus ist, sondern Notwendigkeit

Manchmal fehlt einfach eine Schraube – und mit ihr die perfekte Lösung. Auf der Insel lernt man schnell, dass Gelassenheit kein Luxus ist, sondern Alltag. Und dass auch provisorisch manchmal gut genug ist.

🚪 Wenn eine Tür nicht mehr schließt

Es war einer dieser Tage, an denen alles seinen gewohnten Gang ging. Das Lager war aufgeräumt, der Laden lief, und wir waren mitten im Tagesgeschäft. Plötzlich ließ sich die Lagertür nicht mehr richtig schließen.

Ein kurzer Blick – die Halterung war locker. Eine Schraube samt Mutter aus Edelstahl hatte sich gelöst. Ohne sie hielt das Türband nicht mehr richtig. Kein Weltuntergang, aber eben auch nichts, das man ignorieren kann.


🛠️ Kein Baumarkt um die Ecke – und auch kein Prime „Next Day“

Auf dem Festland wäre das eine Kleinigkeit: kurz zum Baumarkt, passende Schraube besorgen, Problem gelöst. Hier auf Spiekeroog ist das anders. Ein solcher Ausflug bedeutet: Fähre zum Festland, Transportmittel organisieren, zum Baumarkt fahren, hoffen, dass das richtige Teil vorrätig ist – und dann alles wieder zurück. Ein halber Tag ist schnell vergangen.

Online-Bestellungen? Amazon Prime „Next Day“ wird hier schnell zu „Irgendwann nächste Woche“. Sechs bis sieben Tage sind keine Seltenheit.

Für eine einzelne Schraube ist das einfach keine Option.


🧭 Von IKEA-Strukturen zur Inselrealität

In meiner früheren Zeit bei IKEA war alles durchdacht. Für fast jedes Problem gab es eine Lösung – und oft eine genaue Zeitvorgabe, wann sie erledigt sein musste. Ersatzteile hatten Nummern. Prozesse waren klar. Verfügbarkeit war ein zentrales Versprechen.

Diese Strukturen waren wertvoll. Und vieles davon hat mich geprägt. Aber auf Spiekeroog greifen sie nicht. Hier ist keine Lieferkette in Sicht, wenn etwas fehlt. Hier heißt es: selbst lösen.


🚶 Neue Gäste bringen oft Tempo mit – und stoßen auf Grenzen

Wir merken das auch bei unseren Gästen. Viele kommen gerade erst auf der Insel an – gehetzt, noch mit dem Tempo des Alltags im Kopf. Schnell noch etwas einkaufen, noch schnell da hin, noch schnell das erledigen.

Und dann ist plötzlich etwas nicht verfügbar – und die Reaktion ist oft: großes Entsetzen. Unverständnis.

„Wie – das gibt’s jetzt nicht?“
„Kommt das denn morgen wieder?“

Wir verstehen das gut. Denn wir waren auch mal so.
Aber hier funktioniert es anders. Nicht, weil wir es langsam wollen, sondern weil es auf der Insel schlicht nicht anders geht.

Diese Erfahrung ist für viele der Moment, in dem die Entschleunigung beginnt – manchmal unfreiwillig. Und doch ist sie oft genau das, was später als besonders wohltuend in Erinnerung bleibt.


🧱 Struktur trifft auf Realität

Früher war mein Tag dann gut, wenn alle To-dos abgehakt waren und die Inbox leer. Diese Form von Effizienz hat mir lange das Gefühl gegeben, alles im Griff zu haben.

Erst mit etwas Abstand – und dem Inselalltag – wurde mir klar, dass dieser Anspruch an permanente Erledigung zwar produktiv wirkt, aber nicht unbedingt gut tut.
Zumindest nicht auf Dauer.

Auf Spiekeroog habe ich gelernt, langsamer zu werden. Nicht freiwillig – sondern weil es hier gar nicht anders geht. Wenn keine Lieferung kommt, kein Ersatzteil verfügbar ist, und der Wind den Rest erledigt, bleibt nur eins: Geduld. Und die Erkenntnis, dass vieles auch dann funktioniert, wenn nicht alles sofort gelöst ist.

Unsere Lösung für die Tür? Eine Kombination aus mehreren Muttern, einer Unterlegscheibe und etwas gutem Willen. Gewinnt keinen Designpreis – aber sie hält.


🌿 Nicht perfekt, aber funktional

Jedes Mal, wenn ich an dieser improvisierten Lösung vorbeigehe, muss ich schmunzeln.
Früher hätte mich so etwas wahrscheinlich gestört – die schiefe Gewindekombination, das Unfertige.

Heute denke ich: Passt schon.

Und das ist vielleicht die größte Veränderung: Zu akzeptieren, dass nicht alles fertig, perfekt oder standardisiert sein muss – solange es funktioniert. Und solange es einen nicht verrückt macht.

Denn wenn man hier ein Business führt, lernt man eines ziemlich schnell:
Gelassenheit ist kein Rückzug. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass man dranbleibt.

3 Kommentare

Loretta A.

Loretta A.

Hallo Andreas,
danke für deinen Inselblog.
So schön, wie du erzählst vom Leben und Tun auf der Lieblingsinsel. Ich freu mich sehr, dass es euch dort gibt und euch so gut gefällt.
Herzliche Grüße! Loretta

Hallo Andreas,
danke für deinen Inselblog.
So schön, wie du erzählst vom Leben und Tun auf der Lieblingsinsel. Ich freu mich sehr, dass es euch dort gibt und euch so gut gefällt.
Herzliche Grüße! Loretta

Kerstin

Kerstin

Und gerade dass macht die Insel zu meiner Herzinsel. Das eben nicht alles immer offen ist, zu Fuß eingekauft wird, es keine Autos gibt, die Langsamkeit Einzug hält.
Danke für deinen neuen Blog der wieder so klasse geschrieben ist

Und gerade dass macht die Insel zu meiner Herzinsel. Das eben nicht alles immer offen ist, zu Fuß eingekauft wird, es keine Autos gibt, die Langsamkeit Einzug hält.
Danke für deinen neuen Blog der wieder so klasse geschrieben ist

Werner E.

Werner E.

Immer wieder authentisch und tagesaktuell. Liebe Grüße W.

Immer wieder authentisch und tagesaktuell. Liebe Grüße W.

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